Kostenübernahme für Inkontinenzhilfsmittel durch die Kranken- und Pflegekassen

- Rechtlicher Anspruch auf individuelle Versorgung -

Inkontinenzhilfsmittel für Demenzkranke werden vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bezahlt. Inkontinenzhilfsmittel, die im Rahmen einer Erkrankung erforderlich sind, sind Hilfsmittel nach § 33 SGB V, welcher der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) unterliegen. Im sog. „Hilfsmittelkatalog“ der GKV sind alle Hilfsmittel aufgeführt, die von den Krankenkassen erstattet werden.

Damit die Krankenkasse die Kosten einer Inkontinenzhilfe übernehmen kann, ist eine schriftliche Verordnung (Rezept) durch den Arzt notwendig. Hierbei ist besonders wichtig, dass aus die Verordnung hervorgeht, dass die Inkontinenzhilfe im Rahmen der Behandlung einer Erkrankung notwendig ist. Inkontinenz selbst wird nicht als Erkrankung angesehen.

Das Bundssozilagericht (BSG) hat mehrfach geurteilt, dass die Krankenkassen die Kosten für Inkontinenzhilfen im Rahmen der Behandlung einer Krankheit übernehmen müssen.

Im BSG-Urteil vom 07.03.1990 (Az. 3 RK 15/89 und 3 RK 17/88) wurde festgestellt, dass Einmalwindeln Hilfsmittel i.S. der Krankenversicherung sind, wenn sie einen Erkrankten in die Lage versetzen, am gesellschaftlichen Leben teilzunhemen. Im Urteil heißt es, nach § 33 Abs. 1 SGB V hat ein Versicherter Anspruch auf Ausstattung mit Hilfsmitteln, die erforderlich sind, eine körperliche Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Ein Hilfsmittel muss zum Ausgleich eines körperlichen Funktionsdefizits geeignet und notwendig sein, wobei es genügt, wenn es die beeinträchtigte Körperfunktion ermöglicht, ersetzt, erleichtert oder ergänzt. Weiter muss ein Hilfsmittel zur Befriedigung von Grundbedürfnissen des Lebens - gesunde Lebensführung, allgemeine Verrichtungen des täglichen Lebens, geistige Betätigung und Erweiterung des durch die Behinderung eingeschränkten Freiraumes – dienen. Weiter wurde festgestellt, dass die Klägerin an Harninkontinenz leidet. Die kassenärztlich verordneten Einmalwindeln haben dann die Eigenschaft eines Hilfsmittels, wenn sie nicht nur hygienischen oder pflegerischen Zwecken dienen, sondern die Klägerin in die Lage versetzen, Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen. Hierzu gehört auch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Unter diesen Voraussetzungen hat das BSG im Urteil vom 13.05.1982 (Az. 8 RK 8/81) auch in Fällen mongoloider Harn- und Stuhlinkontinenz den Anspruch auf Gewährung stark saugender Einmalwindeln bejaht. Hier wurde geurteilt, dass Inkontinenzhilfen verordnet werden können, damit eine soziale Isolierung des Kranken vermieden wird und seine Mobilität gefördert wird, da der Mensch mit Behinderung sonst permanent die Kleidung einnässen würde.

Im Falle des Ausgleichs einer Behinderung können Einmalwindeln/Bettunterlagen nach der Rspr. des BSG als Hilfsmittel übernommen werden. Im Falle eines Altenheimaufenthaltes kann dies jedoch anders aussehen. Hier hat das BSG im Urteil vom 07.03.1990 (Az. 3 RK 15/88) festgestellt, dass eine körperliche Behinderung - Harninkontinez mit Neigung zum Dekubitus – bei der Beigeladenen vorlag. Es jedoch nicht ersichtlich ist, dass die Krankenunterlagen erforderlich waren, die Folgen der Behinderung auszugleichen. Diese wirkten sich im Wesentlichen im hygienischen Bereich aus. Hier erhielt die Beigeladene ohnehin Pflegeleistungen durch das Altenheim. Diese wurden durch die Krankenunterlagen nicht ersetzt, sondern allenfalls ergänzt, so dass sie dem pflegerischen Bereich zuzuordnen sind. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, welche Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, etwa der Kontakt zu Mitmenschen, nur durch die Benutzung der Krankenunterlagen erfüllt werden können.

Um die Kostenübernahme zu gewährleisten sollte darauf geachtet werden, dass die Ärzte wenigstens eine der genannten Begründungen in Stichworten auf der Verordnung angegeben. Des weiteren sind stets die genaue Größe der benötigten Hilfsmittel, sowie die Stückzahl und der Versorgungszeittraum anzugeben. In der Regel sind die Ärzte hierüber jedoch informiert.

Außer einer Zuzahlung aufgrund eines teureren Produkts fallen wie bei allen ärztlichen Verordnungen Rezeptgebühren an. Diese liegen bei 10% des erstattungsfähigen Festpreises für die verordneten Inkontinenzhilfen. Im Einzelfall kann sich die Zuzahlung damit aus der Rezeptgebühr plus eventuell eines Aufpreises für ein teureres Produkt zusammensetzen. Darüber hinaus ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr möglich, wenn die im laufenden Jahr geleisteten Zuzahlungen für verschreibungspflichtige Medikamente, Krankenfahrten, Heilmittel (z.B. Krankengymnastik, Ergotherapie) und Hilfsmittel bereits 1% des Jahreseinkommens (Anteil bei chronisch Kranken) und ansonsten 2% überschritten haben. Bei Empfängern von Sozialhilfeleistungen gelten andere Regelungen. Siehe hierzu den Beitrag im Heft Nr. 2/April 2010 „Leben und Weg“.

Insgesamt wurde durch das BSG schon mehrfach bestätigt, dass jeder Versicherte Anspruch auf individuell angepasste Inkontinenz-Hilfsmittel hat. Gesetzt den Fall, dass der neue Lieferant "Hilfsmittelversorger" diesen Anspruch nicht erfüllen kann, gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum vorherigen Lieferanten zurück zu kehren. Ergo: In der neuen Regelung könnte daher für den Versicherten bei der Inkontinenzversorgung alles beim Alten bleiben. Leider ist dafür die Durchsetzung dieses Anspruchs nötig; was Arbeit bedeutet.

©Rechtsanwältin Franziska Benthien

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